November war für mich dieses Jahr nicht nur der Monat des langsam ansteigenden Weihnachtsstresses, sondern auch NaNoWriMo-Zeit.
NaNoWri-Was? Diese Frage habe ich den ganzen November über beantworten müssen. Denn obwohl der National Novel Writing Month weltweit tausende schreibbegeisterte Menschen zur Teilnahme motiviert, ist er in Deutschland eher unbekannt.
Ziel des NaNoWriMo ist es, in 30 Tagen 50.000 Wörter zu schreiben. Ab 50.000 Wörtern zählt ein Schriftstück als „Novel“, theoretisch hat man also am 1.12 ein fertiges Buch. Theoretisch.
Natürlich sind 50.000 Wörter ziemlich wenig und niemand würde es wirklich als „Buch“ bezeichnen. Aber für mich geht es beim NaNoWriMo auch nicht darum unbedingt ein ganzes Buch zu schreiben, sondern viel mehr ans Schreiben zu kommen. Einer der meistgegebenen Tipps zum Schreiben ist, es täglich zu tun. Und wer den NaNoWriMo gewinnen will, muss sich jeden Tag 1.667 Wörter aus den Fingern saugen. Ob das viel ist oder nicht, empfindet jeder anders. Für mich klang es aber machbar. Also habe ich mich auf der Website angemeldet, meinen Account angelegt und es mir in der Community bequem gemacht. Es konnte losgehen.
Woche -1
Es ist die letzte Oktoberwoche und ich beschließe, mich auf den NaNoWriMo vorzubereiten, statt ihn einfach auf mich zukommen zu lassen. Eigentlich lasse ich mich beim Schreiben eher von den Charakteren leiten, statt zuvor Szenen zu planen. Aber vielleicht wäre es ganz gut vorbereitet zu sein, wenn ich an einem Tag Probleme mit den 1.667 Wörtern hatte.
Also pflasterten nun mehrere A5 Zettel meine Tür und steigerten meine Aufregung um einiges. Am liebsten hätte ich sofort angefangen, aber nein! Alle Worte die in meinem Kopf bereits herumschwirrten sollten für den November aufgespart werden.
Woche 1
Warum wurde ausgerechnet der November als Wettbewerbsmonat ausgesucht? Am 1.11 bin ich erst mal übermüdetet von der vergangenen Halloweenparty und habe große Probleme damit, mich zum Schreiben zu motivieren, egal wie sehr ich mich darauf gefreut hatte. Doch schon am 2.11 bin ich wieder ausgeschlafen und es macht Spaß endlich mal wieder zu schreiben. Für jemanden der „kreatives Schreiben“ als Hobby in jeder Bewerbung nennt, habe ich das in letzter Zeit viel zu wenig getan. Aber diese Woche bringt mich dazu, mein größtes Hobby wieder neu für mich zu entdecken und schon allein für dieses Erlebnis hat sich die Teilnahme gelohnt, egal was in den nächsten Wochen auf mich wartet.
Woche 2
Wordsprints sind diese Woche das Zauberwort. Man stellt sich einen Wecker, meine Lieblingszeitspanne war 15 min., und schreibt einfach drauf los. Kein FB, kein What’s App, noch nicht mal eine neue Playlist bei Spotify anklicken. Einfach konzentriert drauflosscheiben. Meine Ideen waren immer noch frisch und die Wörter flogen nur so auf die Seiten. Drei Wordsprints und ich war fertig für den Tag. Großartig! So macht Schreiben Spaß und langsam aber sicher verliebe ich mich in meine Geschichte und meine Charaktere. Perfekt. Wenn es so weitergeht, werde ich problemlos gewinnen.
Woche 3
Warum wurde ausgerechnet der November für dieses Projekt ausgesucht!! Nicht nur ist diese Woche die Zeit in der ich jedes Jahr die Weihnachtsgeschenke einkaufe, auch habe ich das Gefühl, dass jeder meiner Dozenten absichtlich die Abgabetermine für Projekte und Essays in diese Woche gepackt hat. Damit alleine wäre meine Freizeit schon gestrichen, aber zusätzlich lacht mich der NaNoWriMo-Erinnerungszettel an meinem Computerbildschirm an. Oder vielmehr: er lacht mich aus.
Wie du hast nach stundenlanger Uniarbeit keine Lust mehr dein Gehirn zu benutzen? Willst du etwa verlieren?
Ich will natürlich nicht verlieren und quetsche das Schreiben in jede freie Sekunde, die ich habe. Ob direkt nach dem Aufstehen, in der Bahn, beim Essen – dank dem Smartphone kann ich mein Worddokument überall bearbeiten. Und fragt mich bitte nicht, was in meinen Vorlesungen diese Woche drankam…
Woche 4
Die letzte Woche. Ich marschiere stramm auf den Sieg zu. Meine kleine Statistik auf der offiziellen Website zeigt mir an, dass ich, sollte ich so weitermachen wie bisher, das Ziel am 29.11 erreichen. Einen Tag früher als gefordert. Das motiviert, aber immer, wenn ich dann vor der Tastatur sitze – nichts. Es fühlt sich diese Woche mehr an wie Arbeit als Vergnügen. Als müsste ich mein Gehirn mit beiden Händen fest greifen und auswringen, um die geforderten Worte auf das Papier zu bekommen. Ich bräuchte einen Urlaub von meinem Buch. Nur zwei, drei Tage Abstand, um dann frisch gestärkt wieder ans Werk zu gehen. Aber Pausen gibt es hier nicht.
Und so quäle ich mich jeden Tag über zwei Stunden, um die nötige Wortanzahl aufs digitale Papier zu bekommen.
Dann ist es plötzlich der 28.11, 6 Uhr abends und ich bin bei 49.000 Wörtern. 1.000 vom der magischen 50.000 entfernten. Aber die 1.667 für heute waren schon erreicht und ich war um 7 Uhr mit Freunden verabredet. Egal, weiter geht’s.
Noch nie in meinem Leben habe ich schneller geschrieben und als mir dann meine digitale „Winner“- Urkunde überreicht wurde und ich ein „NaNoWriMo Winner 2017“ Logo als mein What’s App Anzeigebild einstellen konnte, waren all die Tage vergessen, an denen ich diesen verdammten Wettbewerb verflucht hatte.
Also?
Ich bin sehr schlecht darin die Umgebung meiner Charaktere zu beschreiben und will immer sofort in die Haupthandlung reinschreiben. Aber wenn man sich nur eine handvoll Szenen im vornherein überlegt hat und trotzdem 30 Tage lang jeden Tag 1.667 Wörter schreiben muss – da holt man auch schon mal etwas weiter aus.
Deshalb bin ich jetzt 50.000 Wörter tief in einer Geschichte, die mich begleitet hatte seit ich 17 war und die Haupthandlung hat noch nicht mal angefangen. Ich habe also keine „Novel“ geschrieben in diesen 30 Tagen, aber ich bin so nah dran wie noch nie zuvor.
Kritiker sagen, dass bei dem NaNoWriMo Masse vor Qualität steht und Gerüchten nach, nehmen Verlagshäuser in den USA im Dezember, Januar und Februar keine Manuskripte mehr an, weil sie keine Lust auf die „Novels“ haben die im November entstanden sind.
Doch was ist mein persönliches Fazit?
Ich bin schon einmal 50.000 Wörter weiter, als ich es am 31.10 noch war. Diese sind natürlich nicht alle brauchbar, schon während des Schreibens ist mir mehrmals aufgefallen, dass ich Szenen und Sätze nur ergänze, weil ich die 1.667 Wörter erreichen will. Aber das ist ein Problem, mit dem ich mehr erst in einigen Monaten beschäftigen werde, wenn ich fertig bin.
Denn das ist das Wichtigste: Ich habe mich daran gewöhnt jeden Tag zu schreiben und kann mir gut vorstellen ohne die Mindestanzahl an Wörtern vor der Brust ein wenig freier und effektiver zu schreiben. Der NaNoWriMo ist perfekt für alle, die gerne mehr schreiben wollen, aber ohne Deadlines nicht richtig funktionieren. Für alle, die eine Idee im Kopf haben, aber nicht wissen wie sie anfangen sollen. Motivation gibt es in der großen NaNoWriMo-Community genug.
Jetzt heißt es nicht aufhören und meine „Novel“ zu einem richtigen Buch wachsen lassen. Und falls ich wieder aus der Routine komme? Bis zum NaNoWriMo 2018 sind es ja nur noch 11 Monate!