Vor Kurzem erschien Walter Moers‘ neuer Roman „Der Bücherdrache“. Wie der Titel unschwer vermuten lässt, ist die Kurzgeschichte eine Rückkehr nach Zamonien – genauer: zur Stadt Buchhaim. Dabei handelt es sich nicht um die lang erwartete Fortsetzung von Moers‘ Buchhaim-Zyklus, sondern vielmehr eine kurze, recht stringent erzählte Nebengeschichte.
Ein Buchling erzählt dem fiktiven Dichter Hildegunst von Mythenmetz, als dessen „Übersetzer“ Moers fungiert, im Traum von einer Begebenheit, die sein Leben nachhaltig beeinflusst hat. Mythenmetz ist also ausnahmsweise nicht der Haupterzähler, sondern tritt vielmehr als erweiterte Zuhörer-Instanz auf. Dadurch liest sich die Erzählung stellenweise mehr wie ein Dialog, was sowohl Mythenmetz, als auch dem Leser Möglichkeiten zu einer ausgedienten Reflexion bietet. Die Legende vom Bücherdrachen Nathaviel der Katakomben von Buchhaim ist dabei überaus anschaulich in Szene gesetzt. Nicht zuletzt dadurch, dass Moers als traditioneller Illustrator auftritt und die Handlung mit den gewohnt qualitativen Zeichnungen beschmückt. Besonders in diesen zeigt sich wahrscheinlich die lange Arbeit an der Comic-Umsetzung von Moers‘ Roman „Die Stadt der Träumenden Bücher“. Denn die Prosa-Erzählung wird erstmals von einem Comic eingerahmt. Eine Reminiszenz an Moers‘ Anfänge, wie „Das Kleine Arschloch“ oder „Der Fönig“.
Zwar ist die Handlung stellenweise durchaus spannend geschildert und macht definitiv Lust auf mehr, leider erscheint sie dafür an anderer Stelle als zu reflektierend und erklärend, um einen konstanten Spannungsbogen aufzubauen. Die lange Arbeit am dritten Teil seiner Buchhaim-Trilogie zeigt sich dadurch indirekt immer wieder im Text, wenn vorherige Werke zitiert, paraphrasiert oder angedeutet werden. Zwar ist das für Moers typisch, aber bei weitem nicht so elegant gelöst wie zuvor. Stattdessen lässt die Erzählung auf eine längere Geschichte mit durchdachterem Spannungsaufbau hoffen, denn die 164 Seiten sind schnell durchgelesen.
Für Freunde von Moers‘ Literatur, insbesondere der Buchhaim-Geschichten, sollte „Der Bücherdrache“ dennoch als kleiner Wermutstropfen dienen, um die lange Wartezeit auf einen neuen Roman zu verkürzen und nicht zuletzt neue Facetten des Kontinents Zamonien kennenzulernen.
Rezension von
Joe Spicker